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Elternsein

Wie die Notbetreuung in Kitas und Schulen Eltern spaltet – was ich mir vom Staat wünsche

Disclaimer: Ich möchte anmerken, dass sich die geschilderten Erfahrungen nicht ausschließlich auf unsere Kita beziehen. Unsere Kita ist toll und ich kenne keine bessere. Ich habe in den vergangenen Wochen mit sehr vielen Eltern in den unterschiedlichsten Situationen gesprochen und daraus ist dieser Bericht entstanden.

Mitte Dezember hieß es in Berlin und vielen anderen Bundesländern, dass die Eltern von (Kita)-Kindern gebeten werden, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. Die Kita und die Notbetreuung in der Grundschule (sofern es diese überhaupt gab) solle doch bitte nur genutzt werden, wenn es keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit gibt.

Anderweitige Betreuung?

Das Ergebnis dieses Appells hätten sich die Verantwortlichen doch vorher denken können. Und ich persönlich kann es niemandem verübeln. Wenn Eltern arbeiten müssen, um den Familien-Lebensunterhalt bestreiten zu können, dann ist eine gleichzeitige Betreuung von Kita- und Grundschulkindern nicht möglich. Immerhin hat dies die Politik soweit erkannt und auch schon mehrfach geäußert.

Fragt man nach der Konsequenz dieser Feststellung, hört man nur das Schweigen im Walde. Mal ganz davon abgesehen, wie diese „anderweitigen Betreuungsmöglichkeiten“ in einer Pandemie mit Kontaktbeschränkungen aussehen sollen, ist der Appell bei den ELTERN an der falschen Stelle.

Systemrelevant – ja oder nein?

In dieser Phase des Gebotes merkte man schon eine deutliche Spaltung der Elternschaft. Okay, es gab bis dahin nicht mehr diese Einteilung in systemrelevant oder nicht, jedoch wurde jeder, der die Notbetreuung in Anspruch nahm, sehr kritisch angeschaut. Man musste sich gegenüber der Kita und der Grundschule mal wieder nackig machen, wieso man denn gerade jetzt Betreuung bräuchte. Ähm, nun ja, wir arbeiten beide, ich lerne zusätzlich noch für mein Examen und mein Mann ist normalerweise von 8:30 Uhr bis 20:00 Uhr außer Haus. Wenn dem nicht so wäre, würden unsere Kinder wahrscheinlich auch nicht in eine Ganztagsbetreuung gehen.

Die Konsequenz war, wenig überraschend, dass die Kitas und Grundschulen mit bis zu teilweise 80%er Auslastung liefen.

Die Jobs sind die Gleichen – Arbeitgeber in die Pflicht

Denn, Achtung Überraschung, an den Jobs der meisten Eltern, so wenn sie sie denn noch haben, hat sich nämlich nichts (!) geändert.

Der Appell hätte deswegen eher an die Arbeitgeber gehen müssen. Eine Art Kooperation zwischen Arbeitgebern und Staat. Eltern können ihre Stunden reduzieren, jedoch bei vollem Gehalt. Die Differenz zum Gehalt trägt der Staat. Bei Selbstständigen könnte (!) das ähnlich verlaufen, auch wenn ich weiß, dass das immer noch mal schwieriger ist.

Aber so hätte man als Eltern die Kraft für seine Kinder, aber nicht gleichzeitig diese Existenzangst. Die Eltern könnten sich um ihre Kinder zu Hause kümmern, gleichzeitig arbeiten und die Notbetreuung steht für wirklich ! systemrelevante Menschen zur Verfügung. Von den Eltern, die einfach keine Lust auf ihre Kinder haben, rede ich jetzt mal nicht, aber ja, sie gibt es natürlich auch.

Wieso schickt ihr eure Kinder in die Kita?

Womit wir schon zu meinem nächsten Lieblingsthema kommen. Wenn man sich die Berliner Liste von systemrelevanten Berufsgruppen anschaut, frage ich mich, wer da nicht drunter fällt. Meine liebste Erzieherin aus der Kita hat ein Eis ausgelobt für das Kind, deren Eltern dort NICHT auf dieser Liste steht. Seit Januar dürfen nämlich nur noch Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen die Kita besuchen, die zusätzlich noch einen außerordentlichen Betreuungsbedarf haben. What the fu**? Was soll denn das heißen? JA, wir haben einen Betreuungsbedarf, so wie sonst auch, aber ist dieser jetzt außerordentlich? Sind das dann die Tage, an denen unsere Babysitterin / Großeltern / Tanten / you name it / nicht können?

Ja genau, das soll es wohl heißen, aber wie war das nochmal mit dieser Corona-Pandemie und Kontaktbeschränkungen? Die Älteren der Gesellschaft und Risikogruppen schützen… Naja, merkt ihr selber, ne?

Ablehnung statt Support

Was ich aber am Traurigsten finde, ist, dass sich Eltern gegenseitig zerfleischen. Dass genau nachgeforscht wird, wer wo wie viel arbeitet und ob er das nicht auch mit Kleinkind am Beim machen könnte. Kann ja so schwer nicht sein.

Dass man böse angeschaut wird, wenn man sagt, dass man sein Kind in die Notbetreuung gibt. Anstatt Verständnis zu haben und sich gegenseitig mental zu unterstützen, machen sich Eltern in Klassen-Elternchats nieder.

Ich bin mir sicher, dass niemand möchte, dass sich sein Kind ansteckt, die Gründe dafür mögen unterschiedlich sein, aber ich glaube, dass sich kein Elternteil ein krankes Kind wünscht. Aber es sollte sich auch niemand körperlich und psychisch kaputt machen, weil die Kinderbetreuung fehlt. Ja, ich fand die Appell-Lösung sehr viel besser, weil sie auch Eltern berücksichtig hat, die einfach nicht mehr können, egal ob sie im Krankenhaus operieren oder etwas anderes machen. Bei denen die Erschöpfung einfach so groß ist und sie keinen Ausweg mehr sehen und womöglich sich und ihren Kindern noch etwas Schlimmeres antun.

Kinderbetreuung heißt nicht Kinderverwahrung

Und wenn so etwas mit 2 Tagen Kinderbetreuung zu erreichen wäre, dann sollte es auch erlaubt sein! Kinderbetreuung ist nicht nur Verwahrung, sondern Förderung, sinnvolle Beschäftigung und liebevolles Auf-das-Kind-eingehen. Das alles funktioniert nicht zwischen Telefonkonferenz, Mittagessen kochen, Berichte schreiben oder Kunden beraten. In der Realität sitzen die Kinder sehr oft, sehr lange alleine vor dem TV / Tablet / Handy etc. Was ich nicht per se verteufeln möchte, jedoch sieht altersgerechte und sinnvolle Beschäftigung für mich persönlich anders aus.

Was ich mir wünsche

Ich möchte achtsame Eltern, die das Elternsein auch wieder genießen können, weil die Bereiche wieder halbwegs klar abgesteckt sind. Ich möchte Eltern, die sich gegenseitig supporten und sich ein Dorf sein können und keine Eltern, die sich manchmal wünschen, nie welche geworden zu sein.

Viel mehr wünsche ich mir jedoch einen Staat, der auch die Arbeitgeber in die Pflicht nimmt. Der faire Lösungen für alle Menschen findet, die dieses Land am Laufen halten und nicht vor großen Unternehmen kuscht.

Wir wollen alle lebend aus dieser Pandemie raus, ob als Einzelperson, Familie oder Unternehmen. Wir alle müssen zusammenarbeiten.

Alles Liebe,

Eure Caro

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2 Comments

  • Diana

    Ich denke, niemand fällt diese Entscheidung leichtfertig. Wer will schon sein Kind während einer Pandemie dem Risiko einer Ansteckung aussetzen (und damit sich selbst), wenn es nicht unbedingt notwendig ist?
    Wir müssen jetzt alle zusammenhalten (schon seit einem Jahr natürlich) und uns gegenseitig unterstützen! <3

    • Einfachcarolin

      ja ganz genau. Für die meisten ist das eine schwierige Entscheidung, es sei denn, man leugnet Corona und dessen Folgen und schickt deswegen seine Kinder munter in die Einrichtungen (und hält sich nicht an die AHA Maßnahmen). Zusammenhalt und Support bringen uns auf jeden Fall weiter, als Anfeindungen und schiefe Blicke 🙂

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